Union des Sociétés avicoles

du Grand-Duché de Luxembourg

DIE BEWERTUNG DER RASSENKANINCHEN

Geschichtliches

Durch Zusammenschluss der beiden Verbände, Luxemburg und Esch/Alzette entstand am 8. Januar 1922 die heutige Union des Sociétés Avicoles du Grand Duché de Luxembourg, USAL.

Um die Leitziele:

– „durch Leistung und Schönheit eine Nutzzucht aufbauen“,

– „durch Aufklärung und Belehrung alle Kleintierfreunde in ihrer Arbeit und ihrem Tatengrang unterstützen“,

zu erreichen war die Zusammenstellung von genauen Bewertungsbestimmungen und Musterbeschreibungen unentbehrlich.

Das Prämierungs-System war ein wunder Punkt in der Luxemburger Kleintierzucht. Es gab eigentlich keinen offiziellen Standard. Es wurde einmal so und einmal so prämiert, es gab so viele „Standards“ wie es Ausstellungen gab. Einheitlichkeit war ein Fremdwort. So wurde beschlossen einen Bewertungsmodus zu schaffen, der für alle Ausstellungen obligatorisch war.

Die erste Auflage eines solchen Rasse-Standards wurde offiziell im Juli 1922 veröffentlicht und trat ab dem 1. August 1922 in Kraft, mit dem Titel „Luxemburger Prämierungs-System in der Kleintierzucht“. In diesem bescheidenen Büchlein, das 48 Seiten umfasste, wurde die Bewertung von Geflügel, Kaninchen und Ziegen beschrieben. Die Kaninchenrassen wurden in 5 Positionen, teils mit Unterpositionen, bewertet. Bei der Prämierung wurde nur mit ganzen Punkten gerechnet.

Am 11. Dezember 1927 wurde die 2. Auflage der „Musterbeschreibungen und Bewertungsbestimmungen für Geflügel, Kaninchen und Ziegen“, gemäβ Beschluss der Delegiertenversammlung zusammengestellt. Diese 2. Auflage war ab 1. Januar 1928 obligatorisch.

Neu in diesem Werk, das 122 Seiten umfasste, war die Beschreibung der leichten und schweren Fehler. Auch erfolgte bei den 19 Kaninchenrassen eine Einteilung in 5 Abteilungen:

1. Grosse Rassen, 2. Mittelgrosse Rassen, 3. Kleine Rassen, 4. Zwergrassen, 5. Produkte der Kleintierzucht.

Weiterhin wurden einige Fachausdrücke erklärt.

Als Schlussbestimmung stand: Die Bewertungsbestimmungen sind im Januar 1928 einzuführen. Bis zum 31. Dezember 1931 kann nichts daran geändert werden!

Die 3. Auflage erschien 1933, 172 Seiten stark, und hatte ihre Gültigkeit ab dem 1. August. Durch das Auftreten des Castor-Rex Kaninchens, folgte nun eine Einstufung in 6 verschiedene Abteilungen: Grosse Rassen, Mittelgrosse Rassen, Kleine Rassen, Zwergrassen, Kurzhaarrassen, Pelzsachen.

Neben Geflügel und Ziegen wurden insgesamt 21 Kaninchenrassen beschrieben.

1938 kam zusätzlich ein Deckblatt mit Verbesserungen und Ergänzungen zu dieser 3. Auflage heraus.

176 Seiten umfasste die 4. Auflage welche 1949 in Kraft trat. 21 Kaninchenrassen waren in diesem Büchlein aufgeführt. Es wurde dafür Sorge getragen dass die Beschreibungen der einzelnen Rassen an die Standards der Herkunftsländer angepasst wurden.

Ab dieser Ausgabe wurden die Punktewerte unterschiedlich für Jung- und Alttiere eingestuft, auch konkurrierten die Zeichnungsrassen unter anderen Bedingungen gegenüber den anderen Rassen.

Die Evolution der internationalen Prämierungsgrundsätze machte es notwendig eine 5. Auflage herauszugeben. Dieses Standardwerk hatte Gültigkeit ab dem 1. Oktober 1957.

Noch immer waren Kaninchen und Geflügel in einem Standardwerk von 226 Seiten vereint. Ziegen wurden nicht mehr berücksichtigt.

Aufgeführt wurde bei Kaninchen weiterhin die Aufteilung in den 6 Abteilungen mit insgesamt 26 verschiedenen Rassen und Pelzsachen. Interessant waren die Aufführungen von Zeichnungen mit Erklärungen diverser Fachausdrücke. Bei jeder Rasse wurde jetzt auch das Ursprungsland angegeben.

Trotz enormer Entwicklung auf dem gesamten Sektor der Kleintierzucht wurde bis 1985 kein neues Standardwerk zusammengestellt. Notgedrungen wurden jedoch im Laufe der Jahre zahlreiche Ergänzungen vorgenommen und neue Rassen und Farbeschläge hinzugefügt, jeweils durch Veröffentlichung im offiziellen Organ der USAL, dem LKZ.

Waren die vorigen Auflagen in Buchform zusammengestellt, so erfolgte die Anfertigung der 6. Auflage 1985 in Ringbuchformat mit passenden Fotos der verschiedenen Kaninchenrassen.

Immer noch sind Kaninchen und Geflügel in einem Standard vereint.

Auf 221 Seiten wurden 57 Kaninchenrassen beschrieben mit Gewichtsangaben in kg, sowie genauen Erläuterungen über Einzelpositionen, leichte- und schwere Fehler, die Rassenbeschreibungen sowie die Richtlinien für die Ankörung der Zuchtrammler. Es wurde noch immer in 5 Positionen bewertet.

Die 7. Auflage von 1991 beinhaltet jetzt nur noch Kaninchen. In diesem Standard wurden auf 162 die 62 verschiedenen Kaninchenrassen wiedergegeben und übersichtliche Gewichtstabellen und Positionen mit Rassenmerkmalen aufgeführt. Die Bewertung erfolgte nach Wertnoten und Punktesystem, ganz neu jetzt auch mit halben Punkten, und einer Punkteskala in 7 Positionen. Auch dieses Werk entstand in DinA5 Ringbuchformat. Aus Kostengründen wurde leider auf Fotos verzichtet.

Wie schon bei dem Standard von 1957 mussten hier immer wieder Verbesserungen und Ergänzungen gemacht, sowie verschieden Rassen oder Farbenschläge hinzugefügt werden.

Neuer Rassenkaninchen-Standard 2010

Nun, nach 19 Jahren ist es wieder soweit und die 8. Auflage des Rassenkanichen-Standards liegt bereit. Ein neues Konzept gemischt mit Altbewährtem wurde wieder im Ringbuchformat erstellt. Kaninchenprodukte wurden nicht mehr berücksichtigt.

Der Einband wurde farbig bedruckt mit Fotos einiger Rassen und in derselben Aufmachung gehalten wie unser Verbandsorgan LKZ, blau, grau, weiβ. Der Einband wurde bewusst etwas dicker gewählt damit man die Gelegenheit hat die einzelnen Blätter in durchsichtige Plastikhüllen zu tun um sie so etwas zu schützen.

Auf 256 Seiten sind 102 Rassen und Farbenschläge beschrieben. Farbfotos der einzelnen Rassen sind in 6er Gruppen auf 19 Seiten zu finden und können beliebig zwischen die Beschreibungen einsortiert werden.

Ganz neu ist die Aufnahme der Klein-Rexe, ein Schlag bei dem sich lediglich das Gewicht auf maximal 2,750 kg reduziert und sich in der Körperform sowie in Kopf und Ohren etwas von den „normalen“ Rexen unterscheidet.

Einige andere Rassen die schon bei uns bekannt und ausgestellt wurden sind hinzu gekommen, wie die Genter Bartkaninchen, Normand, Hasen loh, Hasen weiβ, Englische Widder, Rex Pastell, Steinkaninchen.

Es wurden keine züchterisch wichtigen Änderungen bei den Rassebeschreibungen vorgenommen, lediglich versuchten wir die Beschreibungen etwas verständlicher zu machen.

Die frühere Position „Fell“ wurde umgeändert und der neue Ausdruck heiβt jetzt „Behaarung“.

Als Finanzierungshilfe wurden erstmals Sponsoren gesucht und gefunden, welche teils mit Annoncen auf Einband und Trennblättern zu finden sind.

Praktische Anwendung der Rassenbeschreibungen

Für den Wettbewerb und zur Beurteilung der Rassekaninchen bei Ausstellungen und Herdbuchbewertungen sind ausschlieβlich zur Zucht geeignete und gesunde tätowierte Tiere anerkannter Rassen sowie Neuzüchtungen zugelassen, ab dem Alter von 4 Monaten.

Die Bewertung hierzulande erfolgt nach den Luxemburger Standardbestimmungen. In den anderen Ländern wird auch nach den jeweiligen nationalen Standardbestimmungen bewertet. Lediglich auf Schauen der EE (Entente Européenne) wird nach dem bestehenden Europa-Standard bewertet.

Wieso können nicht alle Länder nach diesem EE Standard bewerten? Diese Frage drängt sich auf. Bei vielen Ländern gibt es für verschiedene Rassen verschiedene Gröβen, Gewichte und Farbvorstellungen. Die Züchter in diesen Ländern haben ihre Zuchten nach ihren nationalen Standards aufgebaut und züchten nach diesen Bestimmungen. Es wird noch Jahre dauern bis man Schritt für Schritt an einen einheitlichen Standard herankommt, der es ermöglicht alle Rassen in den angegliederten Landesverbänden zu vereinheitlichen. Die Zucht kann man nicht von heute auf morgen verändern. Die Standardkommission der EE jedoch ist bestrebt einen Standard zu verfassen welcher irgendwann, für jedes Land Gültigkeit finden kann.

Die Rassen sind wie folgt aufgeteilt.

1. Grosse Rassen, 2. Mittelgrosse Rassen, 3. Haarstruktur Rassen, a) Kurzhaar (Rex), b) Satin, c) Langhaar, 4. Kleine Rassen, 5. Zwergrassen.

Grundlagen der Bewertungsarbeit

Die Bewertung der Tiere durch den Preisrichter erfolgt nach den Bewertungsbestimmungen auf Grund des Erscheinungsbildes des Tieres am Tag der Bewertung. Die Beurteilung wird in verschiedenen Positionen vorgenommen:

Position 1: Körperform und Typ, 20 Punkte. Hier wird die Gesamte Erscheinung des Tieres bewertet, zusammen mit eventuellen Sonderbestimmungen die zu berücksichtigen sind, wie Rückenlinie, Brustbreite, Kopfbildung, Ohrenlänge und -haltung, Rumpfbreite und -länge, Knochenstärke, Muskelbildung, Hautstärke, Blumenhaltung, Stellung der Vorder- und Hinterläufe, usw.

Position 2: Gewicht, 10 Punkte. Das Gewicht wird mit der Waage festgestellt. Eine für jede einzelne Rasse festgelegte Skala liegt der Punktevergabe zu Grunde. Für jede Rasse ist ein Mindest-, sowie ein Höchstgewicht festgelegt, auch bei den Grossen Rassen und bei den Zwergrassen.

Position 3: Behaarung , 20 Punkte. In der Bewertung der Behaarung unterscheiden wir 3 Gruppen welche der Länge des Haares nach benannt sind. Das Normalhaar, das Kurzhaar und das Langhaar.

Wenn auch die Länge der Behaarung bei den einzelnen Normalhaar-Rassen etwas von einander abweicht, so ist doch bei allen ein dichtes Fell anzustreben.

Das Normalhaar wird nach folgenden Merkmalen beurteilt:

– Die Dichte des Unterhaares: Beim Streichen gegen das Haar darf die Haut nur wenig sichtbar sein.

– Deckhaar und Grannen: Das Deckhaar überragt das Unterhaar. Es soll gleichmäβig lang sein, weder zu grob noch zu fein. Es soll beim Streichen gegen das Haar schnell wieder seine ursprüngliche Lage einnehmen. Das Grannenhaar überragt das Deckhaar nur wenige mm.

Es ist besonders wichtig darauf zu achten dass hier nur die Haarbeschaffenheit und nicht die Haarfarbe beurteilt wird.

– Fellzustand: Die Behaarung muss komplett sein d.h. ohne Kahlstellen, Haarungsstellen, usw.

Beim Kurzhaar wird in gleicher Weise vorgegangen wie beim Normalhaar. Hier ist zu beachten dass das Deckhaar das Unterhaar nicht oder höchstens um 1mm überragt. Alle Haare sind gleichlang, etwa 17-20 mm. Das Haar fühlt sich samtartig an.

Beim Langhaar unterscheiden wir wieder 2 Arten: das eigentliche Langhaar, wo die Grannenhaare länger sind als beim Normalhaar, und das Angorahaar, wo man von einem Vlies von schätzungsweise 6 cm spricht, d.h. das Unterhaar, der Grannenflaum und das Grannenhaar sind nicht scharf voneinander abgegrenzt sondern gehen ineinander über. Dieses Haar wird ab geschoren und zur Wollproduktion, wenn auch nur in kleinen Mengen, verwendet.

Positionen 4, 5, 6: Rassemerkmale, jeweils 15 Punkte. Bei diesen 3 Positionen werden die Besonderheiten der einzelnen Rassen beurteilt, so wie sie in den Standardbeschreibungen angegeben sind. z.B. die Zeichnung bei den Schecken, die Abzeichen bei Loh, Russen, Thüringer, um nur die zu nennen, die Haarstruktur bei den Rexen und der Haarfaktor bei den Satin. Bei weiβen Rassen, die Kopf- und Ohrenbildung, bei Hasen die Stellung, sowie bei allen Rassen die Farben.

Position 7: Gesundheit und Pflege, 5 Punkte. Für die Gesundheit ist die Pflege von gröβter Bedeutung. Hier wird auf Anzeichen von Krankheitssymptomen geachtet, ebenso wie auf das Schneiden der Krallen, Verfilzungen oder Verfärbungen im Haar, das Säubern der Geschlechtsecken usw..

Leichte und Schwere Fehler

In den Standardbeschreibungen sind allgemeine, sowie für jede Rasse spezifische Abweichungen vom Ideal, als leichte und schwere Fehler angegeben. Leichte Fehler werden mit Punkteabzug und schwere Fehler mit Ausschluss geahndet.

Schwere Fehler sind Fehler welche nicht vergänglich sind, wie z.B. Zahnanomalien, versteifte Gehörgänge oder Zehen, Blindheit, Fehlfarben, unkorrekte Haarlänge, Zeichnungsfehler, usw.

Da in Luxemburg alle Rassekaninchen im Herdbuch eingetragen sind, wird bei schweren Fehlern ein Herdbuchausschluss vorgenommen, d.h. das jeweilige Tier wird nicht mehr im Herdbuch geführt und darf nicht mehr in der Zucht eingesetzt werden, da sich solche Fehler vererben können. Eine eventuelle Nachzucht solcher Tiere werden nicht mehr ins Herdbuch aufgenommen.

Ein Fehler der in der Nachzucht nicht vererbbar ist wird mit einem Bewertungssausschluss geahndet, z.B. wenn das Tier nicht genug oder zu viel Gewicht auf die Waage bringt, o ä. Dieses Tier kann dann wieder ausgestellt werden, da diese Fehler vergänglich sind.

Die Bewertung

Folgende Wertnoten können bei der Bewertung vergeben werden:

Vorzüglich: 97-100 Punkte, Hervorragend: 96-96,5 Punkte, Sehr gut: 94-95,5 Punkte,

Gut: 92-93,5 Punkte, Befriedigend: 90-91,5 Punkte, Unbefriedigend: unter 90 Punkte.

Bei der Bewertung wird in jeder der 7 Positionen ein Einzelwert eingetragen. Am Schluss ist diese Gesamtzuchtwertnote zu vergeben. Werden in einer Position (auβer Gewicht) nicht wenigstens 50% der Punkte erreicht wird das Tier ausgeschlossen.

Beim Ausschluss sowie auch bei der Vergabe des Prädikats „vorzüglich“, muss der Preisrichter-Obmann der Ausstellung hinzu gezogen werden um die Bewertungsurkunde zur Bestätigung gegen zu zeichnen.

Die Preisrichterausbildung

Die Preisrichter sind erfahrene Züchter die nach einem bestandenen Zuchtleiterkursus mit abschlieβendem schriftlichem und mündlichem Examen als Preisrichter ausgebildet werden. Diese Ausbildung besteht darin dass sie bei wenigstens 12 Bewertungen als Beobachter mitarbeiten und mindestens 5 Vorträge in Lokalvereinen abgehalten haben, respektiv 5 Fachartikel schreiben, die im LKZ, dem Fachorgan der Luxemburger Kleintierzüchter, veröffentlicht werden. Alsdann werden sie zum B-Preisrichter-Examen zugelassen, welches aus einem schriftlichen, einem mündlichen und einem praktischen Teil besteht. Zusätzlich wird eine schriftliche Heimarbeit verlangt über ein aktuelles Thema, welches vom Preisrichter-Vorstand ausgewählt wird, und das aus wenigstens 4 handgeschriebenen DIN A4 Seiten bestehen muss. Im praktischen Teil wird er über alle einfarbigen und wildfarbigen Normalhaar-Rassen geprüft.

Hat der Kandidat dieses Examen bestanden dann darf er als B-Preisrichter eingesetzt werden. Nach 2 Bewertungssaisons wird der B-Preisrichter nochmals in einem praktischen Teil über die restlichen Rassen geprüft. Nach bestandener Prüfung wird er dann als vollwertiger A-Preisrichter anerkannt, und darf alle Rassen bewerten.

Die Weiterbildung

Alle Preisrichter, Zuchtleiter und Ehrenpreisrichter treffen sich periodisch in den Preisrichterversammlungen und den Schulungen wo Erfahrungen und Beobachtungen welche im Laufe des Jahres auf inländischen und ausländischen Ausstellungen gemacht wurden, ausgetauscht werden. Hier wird versucht die Preisrichter dahin zu bringen dass die Bewertungen so einheitlich und so optimal wie möglich ablaufen.

Ausbildung, Prüfung und Schulung sind ein wichtiger Teil der Arbeit des Preisrichter-Vorstandes. Hinzu kommen immer wieder Anpassungen, Ergänzungen und Verbesserungen in den Standardbeschreibungen, damit unsere Züchter ihre Zucht auch immer auf dem neuesten Stand halten können um so mit den Tieren von ausländischen Züchtern mithalten zu können.

Paul Jentgen
Obmann und Präsident der Rassekaninchenpreisrichter der Union des Sociétés Avicoles du Grand-Duché de Luxemburg, USAL.